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Stillförderung Schweiz

Fachtagung Zürich

31. August 2017

Transkulturelle Kompetenz

Das Verständnis von kulturellen Unterschieden verbessern und damit verbundene Hürden abbauen war das Thema der interdisziplinären Fachtagung unter dem Titel «Transkulturelle Kompetenz». Das gemeinsam mit dem Schweizerischen Roten Kreuz erarbeitete Programm umfasste folgende Schwerpunkte:
  • Grundlagen der transkulturellen Kompetenz
  • Barrierefreie Kommunikation in der geburtshilflichen Versorgung allophoner Migrantinnen
  • Mutter-Kind-Interaktion kulturübergreifend fördern - was brauchen Fachpersonen dazu?
  • Podium und Fragerunde mit den Referierenden


PDF Programm
 

 





 

 
Dr. med Katharina Quack Lötscher, Präsidentin des Fachbeirates von Stillförderung Schweiz begrüsste die 63 Teilnehmenden der Fachtagung in Zürich.

 
   
 
Das erste Referat von Renate Bühlmann lieferte viele wertvolle Grundlagen zum Thema Transkulturelle Kompetenz, welche die Basis für die nachfolgenden Referate bildete.

Grundlagen der transkulturellen Kompetenz
Renate Bühlmann, Pflegeexpertin HöFa II / Expertin Bildung Transkulturelle Kompetenz Schweizerisches Rotes Kreuz, Departement Gesundheit und Integration


 
Einleitend wurden Zahlen und Fakten zur Migration in der Schweiz vorgestellt und die migrationsspezifischen Faktoren, die das Leben und die Gesundheit zugewanderter Familien beeinflussen, beleuchtet.

Schwerpunkt des Referats war das Konzept der transkulturellen Kompetenz, das die Fachpersonen in der Interaktion mit Frauen und Familien mit Migrationshintergrund unterstützt. Die transkulturelle Kompetenz meint die professionelle Interaktionsfähigkeit im Migrationskontext.

Im Zentrum dieser Kompetenz stehen die Erfassung der individuellen Bedürfnisse der Wöchnerinnen und deren Familien sowie die daraus auf die individuelle Situation abgestimmten Handlungen. Die transkulturellen Assessmentinstrumente wurden im Referat vorgestellt. Damit diese im beruflichen Alltag überhaupt genutzt werden können, muss die verbale Verständigung gesichert sein. Auch dazu gibt es verschiedene Möglichkeiten, auf deren Nutzen und Grenzen kurz eingegangen wurde.

 


Im zweiten Referat berichtete Paola Origlia Ikhilor von der aktuellen BRIDGE Studie.

Barrierefreie Kommunikation in der geburtshilflichen Versorgung allophoner Migrantinnen – BRIDGE
Paola Origlia Ikhilor, Hebamme MSc und Dozentin, Berner Fachhochschule Gesundheit
 

 
Schwangere Migrantinnen und ihre Familien sind durch die fremden Lebensbedingungen sowie durch die Anpassungsprozesse der Mutterschaft mehrfach belastet. Die erhöhte perinatale Morbidität und Mortalität korreliert mit dem eingeschränkten Zugang zur geburtshilflichen Versorgung und mit mangelnden Sprachkenntnissen. Diese explorative Studie untersuchte Erfahrungen bei Sprachbarrieren in der geburtshilflichen Versorgung aus der Sicht von Nutzerinnen, Gesundheitsfachpersonen und interkulturellen Dolmetschenden.

Die Daten wurden mittels drei Fokusgruppeninterviews, fünf semistrukturierten Einzel- und einem Zweierinterview erhoben und anhand einer thematischen Analyse ausgewertet. Interviews mit Nutzerinnen wurden auf Albanisch und Tigrinja geführt. In einer quantitativen Sub-Analyse wurden Protokolle von telefonisch gedolmetschten Gesprächen während häuslichen Wochenbettbesuchen durch Hebammen deskriptiv ausgewertet.
 

Es wurden 10 Nutzerinnen, 22 Fachpersonen und 4 Dolmetschende befragt sowie 46 Gesprächsprotokolle analysiert. Für die allophonen Nutzerinnen war es sehr herausfordernd, sich im komplexen Gesundheitsversorgungssystem zu orientieren. Sie erkannten ohne Sprachkompetenzen das für sie passende Angebot nicht immer und es gelang schlecht, Vertrauen in die Fachpersonen zu gewinnen. Unverstandenes löste Verunsicherung aus und konnte als gegen sie gerichtet erlebt werden. Fachpersonen beschränkten sich bei nicht verfügbaren Dolmetschleistungen manchmal auf nonverbale Kommunikation, was zu Missverständnissen und falscher Einschätzung des Behandlungserfolgs führen konnte. In Notfallsituationen war die sprachliche Verständigung oft nicht möglich, was eine grosse Belastung für alle Beteiligten darstellte. In ländlichen Regionen oder ambulanten Settings waren Dolmetschleistungen seltener verfügbar. Vor-Ort-Dolmetschen wurde bei komplexen oder intimen Themen dem Telefondolmetschen vorgezogen, welches sich besser für einfache, kurze Informationen eignete und in der häuslichen Hebammenbetreuung die Betreuungsqualität zu verbessern vermochte.

Fachpersonen unterliegen vielen Sachzwängen, die sie daran hindern, flexibel auf die Bedürfnisse der Nutzerinnen einzugehen und Inhalte adressatinnengerecht zu vermitteln, sodass die Qualität der Betreuung nicht ausreichend ist und gesundheitsfördernde, präventive bzw. edukative Ziele kaum verfolgt werden können. Deshalb sind bei Sprachbarrieren und für vulnerable Klientinnen flexiblere Betreuungsmodelle gefordert. Die kontinuierliche Reflexion des Betreuungsprozesses und die Weiterentwicklung von transkulturellen Kompetenzen können Hilfestellungen für eine situations-, kontextbezogene und angepasste Betreuung bieten und für diskriminierendes Verhalten sensibilisieren. Für informierte Entscheidungen und Shared Decision Making ist Dolmetschen unentbehrlich.

Folien Paola Origlia Ikhilor (PDF)
Link Forschungsbericht BFH


Im dritten Referat berichtete Dr. med. Fana Asefaw über kulturelle Unterschiede in der Mutter-Kind-Interaktion.

Mutter-Kind-Interaktion kulturübergreifend fördern – was brauchen Fachpersonen dazu? Dr. med. Fana Asefaw, Leitende Ärztin Ambulatorium Kinder- und Jugendpsychiatrie und –psychotherapie, Clienia Littenheid AG
 
 
Fachpersonen erhielten Grundlagen für mehr Verständnis zu Themen rund um Schwangerschaft und Geburt in anderen Kulturen.

Die Frauen sind sich gewohnt, eine Umgebung mit vielen unterstützenden Frauen zu haben, hier fühlen sie sich alleine. Sie möchten eine natürliche Geburt, am liebsten eine Hausgeburt ohne medizinische Interventionen, dafür mit viel Zeit. Da viele dieser Frauen beschnitten sind und somit als Risikogebärende gelten, und sie auch keine Zusatzversicherungen haben, ist aber eine Spitalgeburt meist die einzige Option. Der Mann ist nicht automatisch involviert. Mit viel Fingerspitzengefühl muss hier Überzeugungsarbeit geleistet werden. Stillen ist eine Selbstverständlichkeit, das Kind wird gestillt bis zur Geburt des nächsten Kindes.


Das Referat trug mit Informationen und Denkanstössen dazu bei, dass Frauen und Familien in einer ihnen fremden Kultur gut betreut werden, nach westlichen Standards, aber mit Entgegenbringen von Verständnis für die fremde Kultur.


Folien Dr. med. Fana Asefaw (PDF)







 



 


Nach den Referaten entstand eine spannende Diskussion, an welcher sich die Teilnehmerinnen mit vielen interessierten Fragen beteiligten. Mit einem gemeinsamen Apéro und weiteren Gesprächen fand die Fachtagung in Zürich einen guten Abschluss.
 

 
  


 

Die vielen Informationsmaterialien von Stillförderung Schweiz fanden regen Absatz:
 

 

 

Wir danken Medela AG für die Unterstützung:
 

 
 


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