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Stillförderung Schweiz

Fachtagung 2018 Lausanne

Transkulturelle Kompetenz (Tagungssprache französisch, keine Übersetzung)

4. September 2018 14:00 Uhr, Centre hospitalier universitaire vaudois (CHUV)

Programm >>

In der Schweiz leben Menschen aus verschiedensten Nationen. Sie sind hier, um zu arbeiten, weil sie aus ihrer Heimat flüchten mussten oder weil sie sich definitiv niederlassen wollen, um die Ruhe und die Schönheit unseres Landes zu geniessen.
Es besteht eine Notwendigkeit, das Wissen über die kulturellen Unterschiede zu fördern und bestehende Barrieren abzubauen.
Unter transkultureller Kompetenz versteht man die professionelle Interaktionsfähigkeit im Migrationskontext. Im Zentrum dieser Kompetenz stehen das Erfassen der individuellen Bedürfnisse der Wöchnerinnen und ihrer Familien sowie das Ableiten von auf die jeweilige Situation abgestimmten Handlungen, immer unter Berücksichtigung der Wertvorstellungen und des Glaubens jeder einzelnen Person.
Ziel des Symposiums ist, jenen Fachpersonen Unterstützung anzubieten, die in der Schweiz lebende Frauen und Familien aus anderen Kulturkreisen betreuen.







 

3.25 L CERP, 2.5 e-log BSS (auch anerkannt von SHV und SBK)


Ein herz­li­ches Dan­ke­schön an das Centre hospitalier universitaire vaudois, Gesundheitsförderung Schweiz und Medela AG für die Unterstützung der Fachtagung.
Auf die Welt kommen: Geburtsriten auf fünf Kontinenten, von verschiedenen Kulturen betrachtet, die sich mit dem Stillen auseinandersetzen
(Lise Bartoli, 2007); Stillen und Migration

Valérie Avignon, Hebamme, MSc in Midwifery

In ihrem Buch («Zur Welt kommen: Geburtsrituale auf den fünf Kontinenten», nicht auf Deutsch erhältlich) zeigt Lise Bartoli die Vielfalt der Rituale und Bräuche rund um die Geburt. Auch das Stillen ist Teil dieser Traditionen, von denen sich manche in ähnlicher Form in sehr unterschiedlichen Regionen der Welt finden. Oft können solche Bräuche in Widerspruch zu unseren Ansichten und anerkannten wissenschaftlichen Erkenntnissen stehen. Diese Bräuche kennenzulernen ist ein erster Schritt. Ein nächster besteht darin zu verstehen, wie sich die Migration auf das Stillen auswirkt. Die Ankunft in einem neuen Land, einer neuen Kultur kann bei Frauen und Männern Ansichten beeinflussen, insbesondere auch in Bezug auf das Stillen. Um diese Paare zu unterstützen, müssen wir unser Vorgehen anpassen, nicht nur indem wir ihre Kultur berücksichtigen und die Veränderungen, denen sie durch den Kontakt mit der unseren ausgesetzt, sondern auch indem wir unsere eigene Kultur und die Art und Weise, wie sie unsere Werturteile beeinflusst, hinterfragen: Wir müssen unsere transkulturellen Kompetenzen weiterentwickeln.

Folien Referat

Wie verändert sich der Umgang mit dem Stillen in Zeiten wachsender Vielfalt?

Patricia Perrenoud, ausserordentliche Professorin FHS


Die Gesundheitsfachpersonen haben das Ziel, jeder Familie individuelle Pflege und Begleitung zukommen zu lassen, unabhängig von ihrem sozialen oder kulturellen Hintergrund. Angesichts der seit Jahrzehnten zunehmenden Globalisierung – in deren Folge sich sowohl Dinge und Ideen als auch Menschen bewegen – müssen sie sich mit der Frage auseinandersetzen, welche Auswirkungen die sich daraus ergebende Vielfalt auf ihren beruflichen Alltag hat. Das Referat beginnt mit ethischen und praktischen Reflexionen über wichtige Definitionen zum Begriff Kultur. Ausgehend von der Anthropologie wird auf die Notwendigkeit hingewiesen, unseren Umgang mit dem Konzept Kultur anzupassen, um den Alltag bewältigen und die Persönlichkeit der Patientinnen und Patienten respektieren zu können. Auf einer konkreteren Ebene werden anschliessend Forschungsergebnisse präsentiert, welche die grosse Diversität der Ansichten und der Praktiken rund um das Stillen betreffen. Immer dem anthropologischen Ansatz folgend, werden insbesondere die sozialen Hintergründe beleuchtet, welche diese Ansichten und Praktiken beeinflussen. Im Kern geht es darum, wie es unter Beachtung der sozialen, medialen und wirtschaftlichen Zusammenhänge gelingen kann, den individuellen Bedürfnissen jeder Person gerecht zu werden.

Folien Referat

Aus der Praxis: Stillen im Zustand der Entwurzelung

Odile Evequoz, unabhängige Hebamme

Mütter mit Migrationshintergrund – viele von ihnen neu angekommen, allein und in Heimen untergebracht – sind entwurzelt und haben die Bezugspunkte und die Sicherheit verloren, welche ihnen ihr familiäres und kulturelles Umfeld im Herkunftsland bieten würde. Sie haben Mühe mit der Sprache, dem Lebensrhythmus und der prekären sozioökonomischen Situation, in der sie ihr Kind zur Welt bringen müssen. Die grösste Schwierigkeit besteht jedoch in der sozialen Isolation, die unmerklich in eine schwach ausgeprägte, schleichende Depression münden kann. Die meisten dieser Frauen stillen und ziehen die Option Abstillen nicht in Betracht. Stillen ist für sie etwas Natürliches, mit dem sie keine Schwierigkeiten bekunden. Es bietet ihnen vielmehr die Sicherheit, mit ihrem Kind verbunden zu sein und ihm ihre Zuneigung schenken zu können; so wird das neue Leben im Gastland mit Sinn erfüllt. Die auftretenden Probleme, insbesondere wenn die Frauen allein oder getrennt vom Kindesvater leben, sind meist zurückzuführen auf die schwierige Anpassung an den veränderten Lebensrhythmus und die unterschiedliche Kultur, auf fehlende Kontakte, beengte Wohnverhältnisse und die Absenz ihrer Mutter und anderer Verwandter. All dies kann Stress hervorrufen, der sich auf das Kind überträgt und bei diesem zu nervösen Zuständen, häufigem Weinen und Schwierigkeiten beim Einschlafen führt – daraus wiederum folgen bei der Mutter Schlafmangel, Antriebs- und Appetitlosigkeit, verminderte Milchproduktion usw.

Folien Referat 1. Teil
Folien Referat 2. Teil

Austausch und Verkauf von Muttermilch: Risiken und Herausforderungen

Jacqueline Barin, M.Sc., Berner Fachhochschule BFH HAFL, Lebensmittelwissenschaft, Ernährung und Gesundheit, Länggasse 85, 3052 Zollikofen

Einführung
Die Verwendung von nicht pasteurisierter Spendermilch wird immer populärer, führt aber auch zu Kontroversen. Wie die Spendenmilch verwendet wird und wie die Muttermilch-Märkte in der Schweiz funktionieren, darüber ist jedoch wenig bekannt. Ziel der von Stillförderung Schweiz initiierten Studie war es, die Motivationen, Praktiken und Wahrnehmungen von Müttern zu untersuchen, die sich im privaten Muttermilchaustausch engagiert haben. Weiter wurden die Online-Quellen von Spendermilch untersucht bezüglich der rechtlichen Grundlagen, Preise, Teilnahme, Qualität und Sicherheit.

Methoden
Eine wissenschaftliche Literaturrecherche und Online-Marktforschung wurde zum Thema Muttermilchaustausch und -verkauf durchgeführt. Relevante Gruppen in den sozialen Medien wurden kontaktiert, um Mütter, die kürzlich Muttermilch gespendet oder erhalten haben, zu Interviews einzuladen.

Ergebnisse
Es wurden mehrere Online-Milksharing- oder -Verkaufsplattformen gefunden, jedoch mit eingeschränkter Haftung oder ohne detaillierte Informationen zur Risikoreduktion. Fünf Mütter einer Facebook-Gruppe, die an einer Muttermilchbörse teilnahmen, wurden befragt. Alle Teilnehmerinnen erlebten Herausforderungen bezüglich des Stillens und vor allem emotionalen oder mentalen Stress. Mütter von Spendermilchempfängern hatten entweder zu wenig Muttermilch, waren krank oder mussten zur Arbeit zurückkehren. Sie waren besorgt wegen des Tabus, des Unverständnisses (Verachtung) und des Stigmas, das durch die Verwendung von Spendermilch entstehen kann. Nach persönlichem Kontakt oder Online-Kontakt zu den Spenderinnen bauten die Mütter jedoch vertrauensvolle Beziehungen untereinander auf und gaben an, dass für sie die Vorteile die Risiken überwiegen. Sie zogen unpasteurisierte Spendermilch der künstlichen Säuglingsnahrung vor. Insgesamt vertrauten die Teilnehmerinnen darauf, dass die Spenderinnen nur positive und keine schlechten Absichten haben. Screenings, medizinische Hintergrundkontrollen, Bluttests und Hygieneprotokolle wurden in der Praxis unterschiedlich oder gar nicht durchgeführt.

Schlussfolgerung
Die Verwendung von Spendermilch ist in der Schweiz gesetzlich nicht geregelt, jedoch steigt die Nachfrage, was sich im Anstieg des informellen Spendermilchaustausches zeigt. Die Teilnehmerinnen an dieser Studie erlebten Hindernisse durch das System, während sie ihre Stillziele verfolgen wollten. Alle Teilnehmerinnen hatten positive Muttermilchaustausch-Erfahrungen, vor allem durch die Unterstützung in der Facebook-Gruppe, den Informationsaustausch und das Erreichen der Stillziele. Doch das Fehlen von medizinischer Unterstützung, Infrastruktur, Regulierung und Zugang zu Frauenmilchbanken birgt Gefahren für die Gesundheit von Müttern und Säuglingen. Die Ergebnisse dieser Studie können das Verständnis für die Bedürfnisse der Mütter fördern, um Interventionen im Bereich der öffentlichen Gesundheit, klinische Praktiken und Strategien zur Förderung der Gesundheit von Müttern und Säuglingen zu unterstützen.

Folien Referat
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